Landbote
19.04.2022

Was von der Schweizer Superbatterie zu halten ist

Das Start-up Swiss Clean Battery will die Schweiz ab 2024 zum ersten Land machen, das nachhaltige Batterien in Massenproduktion herstellt. Forscher sind skeptisch.

Jungfirmen, Weltkonzerne und Universitäten liefern sich einen erbitterten Wettstreit um die Superbatterie. Diese soll möglichst leistungsfähig, langlebig, aber auch nachhaltig sein. Wer als Erstes einen solchen Energiespeicher auf den Markt bringt, wird gute Geschäfte machen.

Denn elektronische Autos, Smartphones, Zwischenspeicher für erneuerbare Energie sowie tragbare Computer brauchen immer leistungsfähigere Akkus. Auch verspricht das gestiegene Umweltbewusstsein der Konsumentinnen und Konsumenten gute Verkäufe.

Nun hat ein neu gegründetes Unternehmen aus der Ostschweiz seine ehrgeizigen Pläne vorgestellt. Die Firma Swiss Clean Battery mit Sitz in Frauenfeld TG will hierzulande solche neuartigen Energiespeicher in einer Riesenfabrik industriell herstellen. Um das Projekt zu finanzieren, ist auch ein Börsengang vorgesehen.

Auch die Konkurrenten schlafen nicht

Den angepeilten Jahresumsatz beziffert Swiss Clean Battery mit 2 Milliarden Franken; den Personalbestand mit über 1000 Angestellten. Das für den Bau der Fabrik nötige Geld will sich die Firma neben Fremdfinanzierung auch an der Börse holen. Die Publikumsöffnung ist für den kommenden Oktober geplant.

Swiss Clean Battery tritt somit in Wettbewerb mit anderen Jungunternehmen aus der Schweiz wie Blackstone Resources und Innolith, die beide ihre Feststoffakkus jedoch in Deutschland herstellen wollen. Als Erzrivale gilt aber die Firma Quantumscape aus den USA. 

Bekannt ist, dass die Konkurrentin Blackstone die neuartigen Batterien mit einem 3-D-Druckverfahren herstellen will. Andere Hersteller haben vor, die festen Elektrolyte in flüssiger Form in die Batterie einzufüllen und dann fest werden zu lassen. Diese Herstellungsweise kommt auch bei Swiss Clean Battery zur Anwendung, wie Chief Operating Officer Thomas Lützenrath bestätigt.

Weltweit dominiert Asien den Batteriemarkt, insbesondere für die zukunftsträchtigen E-Autos. Europa will nun mit neuen Technologien aufholen und so unabhängiger werden.

Dazu passt das Vorhaben von Swiss Clean Battery: Das Start-up will laut eigenen Angaben ab dem Jahr 2024 die Schweiz und den internationalen Markt schrittweise mit sogenannten Feststoffakkus versorgen. Die Schweiz wäre somit das erste Land weltweit, in dem eine Fabrik ausschliesslich diese modernen Energiespeicher serienmässig produzieren würde.

Die Vorteile der neuen Batterie

Im Gegensatz zu herkömmlichen Batterien funktionieren Feststoffakkus mit festen anstatt flüssigen Elektrolyten. Daraus ergeben sich einige Vorteile: Die nächste Generation von Stromspeichern altert nicht und fängt weniger schnell Feuer. Sie erlaubt ausserdem, bis zu 40 Prozent mehr Energie zu speichern. Weiter sind die Ladezeiten kürzer. Schliesslich benötigen Feststoffakkus keine heiklen Rohstoffe wie Kobalt. Das würde die Umweltbilanz deutlich verbessern.

In der letzten Ausbaustufe strebt das Jungunternehmen Swiss Clean Battery an, Feststoffakkus mit einer Speicherkapazität von insgesamt 7,6 Gigawattstunden herzustellen. Das entspricht einem jährlichen Ausstoss von knapp 48 Millionen Batteriezellen. Zum Vergleich: Der Stromverbrauch der Stadt Zürich betrug im Jahr 2020 total 2762 Gigawattstunden.

Doch wie realistisch sind die Ankündigungen? Der renommierte Batterieforscher Corsin Battaglia von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) dämpft die Erwartungen. Bis die Herstellung der Zellen massentauglich sei, könne noch einige Zeit vergehen. Bevor die Zellen in den Markt gelangten, seien zudem langwierige Tests, Qualitätskontrollen und Zertifizierungen nötig.

Vorbehalte äussert überdies Axel Fürst, der an der Berner Fachhochschule nachhaltigere Herstellungsarten für Batterien entwickelt. Es sei schwer vorstellbar, dass ein Anbieter leistungsfähigere Feststoffbatterien zu weltweit wettbewerbsfähigen Herstellungskosten produzieren könne, sagte Fürst im Wissenschaftsmagazin von Radio SRF.

Swatch Group forscht seit 14 Jahren

Wie schwierig es ist, moderne Speicher für eine grosse Menge von Energie zu entwickeln, müssen selbst erprobte Industriefirmen erfahren. Der weltgrösste Uhrenhersteller Swatch Group mit Marken wie Swatch, Omega und Tissot forscht mit seiner Tochtergesellschaft Belenos Clean Power seit 14 Jahren an nachhaltigen Batterien für die Elektromobilität.

Konzernchef Nick Hayek räumte im März an der Bilanzmedienkonferenz ein, dass die Entwicklung komplexer sei als erwartet – und deshalb Zeit in Anspruch nehme. Im aktuellen Geschäftsbericht der Swatch Group steht, woran es hapert.

So arbeitete die Gruppe mit Sitz in Biel im abgelaufenen Jahr vor allem an der Wettbewerbsfähigkeit ihrer Antriebsbatterien. Beispielsweise tüftelten die Spezialisten von Belenos daran, wie sie die Materialkosten senken können. Dazu verringerten sie etwa den Einsatz von kritischen Rohmaterialien.

Die Hersteller werden also noch viel Energie aufbringen müssen, bis ihre neuartigen Batterien marktreif sind.